Pünktlich vor Wettkampfbeginn schritten die Luppenauer in ganzer Breite über den Platz: Andre Voigt, Dirk Eley, Ramona Karnstedt, Peter Kinne, Rüdiger Hering und Gunter Pfütze. Sie grüßten die bereits eingetroffenen Wettkampfgegner.
Die Kameraden aus Rodden/Pissen konnten in diesem Jahr nicht auf ihren bewährten Traktor zurückgreifen. Stattdessen waren sie mit dem regulären Löschfahrzeug, einem Ford Transit, Baujahr 1972, angereist. Wegen der ungewöhnlichen Geschwindigkeit von 80 km/h erreichten sie mühelos als Erste den Wettkampfort und ruhten gelassen am Bauzaun des neu entstehenden Kulturhauses. Zum ersten Mal nahm die Ortsfeuerwehr Leuna teil, und um es vorwegzunehmen, sie möchten wiederkommen, wenn alle gesund bleiben. Das ist jedem zu wünschen, denn die Bezeichnung Oldie bezieht sich nicht nur auf die Technik, sondern schließt Jugendliche von der aktiven Teilnahme aus. Aber sehen Sie sich die Männer des Gastgebers an. Nicht nur, dass sie ihre alten Helme und Kampfanzüge tipptopp
(Duden: hochfein, tadellos) in Schuss halten, auch sie selbst vermitteln den Eindruck, dass Feuerwehrsport jung hält.
Die Manschaft Luppenaus am Start
Den weitesten Weg hatten die Kameraden aus Burkersdorf in Thüringen. Sie pflegen eine Partnerschaft mit Friedensdorf, waren aber die letzten beiden Jahre verhindert. Burkersdorf ist nicht nur wegen seiner Kohlköpfe berühmt, die wohlgeschätzte Gäste dort als Abschiedsgeschenk erhalten. Aus diesem kleinen Dorf stammt der Deutsche Meister im Hakenleitersteigen. Bei dieser in anderen Ländern noch praktizierte Rettungsmethode wird nach 32 Metern Anlauf durch mehrmaliges Versetzen besagter Leiter ein 15 m hoher Turm erklommen. Der Weltrekord liegt bei 14 Sekunden.
Aus Burgliebenau erschienen Piraten mit einer erbeuteten Karavelle. Die paar Seemeilen über den Wallendorfer See hatten sie problemlos navigiert. Die Betonnung an den Inseln bewahrte sie vor gefährlichen Untiefen. Allerdings nahmen sie von dort einen exotischen, in der Regel sprachkundigen Vogel mit buntem Gefieder und großem gekrümmten Schnabel mit. Am Friedensdorfer Strand angekommen, bemerkten sie die irreführende Namensgebung, hoben dank vorhandener technischer Voraussetzungen den im Original 23 m langen dreimastigen Segler auf einen Trailer und hatten damit einen wirklich spektakulären Einzug in die Arena.
Gemessen am oben erwähnten gesundheitsfördernden Effekt des Feuerwehrkampsportes waren die Seeräuber in einem teilweise bedauernswerten Zustand. Bei 8 Besatzungsmitgliedern gab es zwei ausgelaufene Augen, eine Säbelhiebverletzung der Wange, einen Abszess unmittelbar vor der Spontanperforation, einen Fall von Skorbut und eine amputierte Hand mit bereits erfolgter prothetischer Hakenversorgung. Andere zeigten sich ausgesprochen wohlgenährt, ja geradezu elegant in feinstes Tuch gekleidet. Das Hauen und Stechen am Westufer des Sees geht nicht spurlos an den Anwohnern vorbei.
Der Wettkampf sollte beginnen. Der verantwortliche Wehrleiter ließ sich jedoch nicht blicken und blieb dauerhaft verschwunden. Der Sicherheitsbeauftragte der austragenden Wehr, Matthias Schmidt, verkündete stammelnd , dass Ingo Zintsch zur Spargelernte abberufen worden sei, wodurch jetzt nicht nur die Leitung, sondern auch der zweite Zeitnehmer fehlten. Niemand wollte in der Haut dieses armen Mannes stecken, der plötzlich allein die ganze Last der Verantwortung für die etwa 150 Menschen auf seinen Schultern hatte. Die Situation schien zu eskalieren, als plötzlich ein leicht desorientiert wirkender stattlicher Clown vor die Angetretenen stolperte und nach seinem verlorengegangenen Zirkus fragte. Immerhin war er bewaffnet und trug einen Leinenbeutel unklaren Inhalts bei sich. Nein, ein Zirkus sei nicht in der Stadt, aber eine Anstellung als Zeitnehmer, das wäre möglich, sehr gerne sogar, wenn er denn eine Uhr hätte. Er hatte – im Beutel – gerettet.
Die Frauen und Männer aus Burkersdorf starteten zuerst und legten mit 40,2 Sekunden die Siegermarke fest. Es folgten mit wenigen Sekunden Differenz die Piraten aus Burgliebenau(0.44,5) und die Männer aus Friedensdorf (0.43,00). Inzwischen hatte sich der Himmel verdunkelt und es begann unbarmherzig zu regnen. Aktive und Zuschauer retteten sich unter Dachflächen. Danach stand ein einsamer Clown auf dem Rasen und drängte, dass es weiterginge. Die gestählten Kämpfer aus Rodden/Pissen wären gerne ohne Pause gestartet, und sie liefen nicht schlecht. Wenn es zum Sieger eine Differenz von 28 Sekunden gab, dann nur, weil das Wasser, was zuvor so reichhaltig vom Himmel fiel, nicht willens war, sich einer Pumpe zu fügen.
Plötzlich entwickelte sich Tumult hinter dem Feuerwehrgebäude, es erschienen ein Zebra, ein Löwe, ein Känguru,
ein echter Hund, dazu Dompteure, ein Jongleur, der vor Lachen nicht in die Senkrechte kam und trotzdem seinen Teller auf dem Stab behielt, ein Direktor mit goldenem Hut und eine Naschwerkverkäuferin mit Bauchladen. Der Zauberer zog noch schnell einen Hasen aus dem Zylinder. Wenn das kein Zirkus war! Der Clown strahlte. Die Besucher applaudierten den Saltos (Wie schön, ein Kind das sich richtig bewegen kann!) und der Hundedressur (Wer hatte denn da Leckerli im Publikum?). Bemerkte niemand, dass das alles Frauen waren?
Reinhard Schwope hatte gerade noch dem Clown bei Slalom- und Hürdenlauf geholfen, da zog das Känguru am Starthebel der Pumpe, griff sich mit der Zauberin die Saugleitung, Jongleuse und Löwin kuppelten, die Dompteuse stürmte mit dem Verteiler nach vorn, alsbald überholt von Jongleuse und Zebra mit den Strahlrohren. Löwin und Direktorin vervollständigten den Schlauchtrupp. Nach 43 Sekunden war alles vorbei.
Es folgten noch die Ortsfeuerwehr Leuna (0.47,4) und den Schluss machte Luppenau, aber nur als Startposition, bei der folgenden Siegerehrung gab es Platz 5 mit 44,7 Sekunden. So sah es der Clown, der die Veranstaltung inzwischen zu beherrschen schien, mit seinem Assistenten. Wäre ein seriöses Wettkampfgericht zu ebensolchen Ergebnissen gekommen? Burkersdorf hätte in einer Profiliga spielen müssen. Wahrscheinlich trainieren sie heimlich. Die Friedensdorfer Strahlrohre der Frauenmannschaft wurden von einem wilden Tier gejagt. Die Friedensdorfer Männer nutzten Heimvorteil. Die Piraten hätten überhaupt nicht antreten dürfen. Von einer ordentlichen Hafenbehörde wären sie zweifellos in Quarantäne gesteckt worden. Was auf die Entführung eines exotischen Vogels aus einem Schutzgebiet für Strafen stehen, kann sich jeder Wehrleiter vorstellen, der schon einmal in die Genehmigungsbürokratie für Ausbildungsfahrten auf dem See geraten ist. Da können sie sich noch so gekränkt darauf berufen, dass er ihnen zugeflogen sei und immerzu „Diebe, Diebe“ gekrächzt hätte, und dass das arme Tier von Panik befallen wurde, als man sich Wallendorf näherte. Das könnte an der Urangst des Geflügels vor dem Suppentopf gelegen haben. Wahrscheinlicher ist, dass er wegen der geplanten Vergitterung des Feuerwehrgebäudes um seine Freiheit fürchtete. Immerhin beruhigte er sich wieder, weil er hier nicht abgegeben wurde und es rechts nach Friedensdorf ging.
Nein, die Luppenauer haben mit Teamgeist, spontaner Sprintkraft und extremen Belastungsspitzen überzeugt! Sie verdienen den Stolz der mitgereisten wie auch daheimgebliebenen Bürger aus Löpitz, Tragarth und Lössen.
Neben dem sportlich-künstlerischen Programm gab es wieder Gegrilltes, und eine wunderbare Suppe aus der Wallendorfer Gulaschkanone, Kaffee und Kuchen. Die letzten Gäste verließen bei untergehender Sonne den Platz, womit sie zum Ausdruck brachten, dass es sehr, sehr gut gefallen hat. Auch die Piraten winkten einen freundlichen Gruß vom heimatlichen Steg.
Die Friedensdorfer hatten nach diesem gelungenen Tag eine kurze Nacht.
Um 04,54 Uhr riss sie die Sirene aus dem Schlaf. Zum Einsatz kamen 17 Kameraden, gemeinsam mit 13 aus Kreypau.