Luppenau

Steg am Löpitzer Ufer des Wallendorfer Sees fertiggestellt

SAALE-ELSTER-AUEN-KURIER - Februar 2012
Autor: Ilja Bakkal

Wohl selten verliert ein Bild so schnell an Aktualität, wie die Badeszene mit Rentier am Löpitzer Strand in der Januar-Ausgabe. Aber vielleicht hat uns die Provokation wenigstens ordentliches Winterwetter eingebracht. Wenn es Ihnen gelingen sollte, den Titel des Buches in Erfahrung zu bringen, welches der Spaßvogel liest, relativiert sich die Aussage. Ach die zahlreichen Kutter am unteren Bildrand nehmen Bezug auf die Ängste einiger Anrainer.
Noch im selben Monat wurde der kontrovers diskutierte Steg fertiggestellt und in der Tagespresse gewürdigt. Wir erinnern uns an die letzte öffentliche Sitzung des Ausschusses für Seen und Tourismus, in der die Bürger dahingehend beschwichtigt wurden, dass man das Wasserbauwerk getrost auch Holzsteg nennen könne, was das böse Angstwort Bootssteg vermeidet. Denn welche Boote sollten hier anlegen, aus den kleinen kommt man ja kaum hoch!


Der fertige Steg am Löpitzer Strand Foto: i.B.

Jetzt ist er fertig, stabil, mächtig, seine Wallendorfer und Burgliebenauer Brüder um 10 cm überragend. Seine nicht ganz akkurat eingeschlagenen Pfähle durchbrechen das Ufereis. Er ist schön. Reste herunter hängender Baumrinde geben ihm etwas vom Charme des sein Winterfell abstoßenden Weihnachtstieres, das hier vier Wochen zuvor hinüber zum Hirschhügel blickte. Auch ich fände ihn schön, verdürbe nicht ein überdimensioniertes Schild dem ambitionierten Landschaftsfotografen das Motiv. Aber sicherlich ist ein solches Schild hierzulande verbindlich vorgeschrieben. Man muss erkennen können worum es sich handelt und ob etwas verboten ist. Für diejenigen, die bei der Kälte nicht ambitioniert sind, an den Strand zu spazieren, lese ich vor: „Betreten auf eigene Gefahr - Maximale Personenzahl auf ANLEGER: 15 - Eltern haften für ihre Kinder“. ANLEGER - das klingt noch gefährlicher als Bootssteg. Das klingt wie - Aufenthalt nur zum Ein- und Aussteigen gestattet, Fahrkarten an Bord, bei plötzlichem Aufkommen von Sturm oder Nebel kein Rücktransport… Was soll man davon halten? Das aktuelle Zeitgeschehen ist politisch immer komplizierter und riskanter zu bewerten, als aus sicherem historischen Abstand. Darum stelle ich mir vor, wie ich in 25 bis 30 Jahren, inmitten einer Gruppe fröhlicher Herren mit Birkenzweigen und Beuteln klimpernden Inhalts, meinen Rollator auf dem mittlerweile asphaltierten Schafweg zum Anleger schiebe.
Dort werden wir von einer Barkasse erwartet, die mit dem Bug zum Strand an der Westseite festgemacht hat. Der scheinbar fantasielose Name HJPXXL-002 täuscht nicht darüber hinweg, dass es sich um ein liebevoll restauriertes Fahrzeug handelt, das schon mehr von der Welt gesehen hat, und auf dem noch viel mehr über die Welt gelogen, oder besser Seemannsgarn gesponnen wurde. Ich setzte mich in eine Bank, strecke meinen Arm auf das Mahagoni der Lehne, spüre die Vibration des Diesels. Zwei Mädchen in Matrosen-Outfits holen Bug- und Heckleine ein. Es gibt einen kleinen Ruck, der Skipper legt das Ruder an Backbord, die vordere Spring strafft sich und langsam löst sich das Heck vom ANLEGER. An das Stückchen Mast über der Toplaterne klammert sich verzweifelt der Klabautermann. Sein Bauch ist vor Lachen so sehr in Schwingung geraten, dass er Mühe hat nicht herunterzufallen. Aber das merkt niemand. Das Horn gibt drei kurze Signale, die Barkasse gleitet rückwärts auf den See. Meine alten Freunde machen sich an den Fläschchen zu schaffen und ich vergesse, worüber ich nachdenken wollte.

I. Bakkal