Luppenau

Zwischen Zorn und Sachlichkeit oder die LMBV weiß was sie tut

SAALE-ELSTER-AUEN-KURIER - Oktober 2011
Autor: Ilja Bakkal

Informationsveranstaltung am 22.September im Schloss Löpitz zum  Thema Grundwasserwiederanstieg

Die Bürger von Luppenau, wie auch der anderen Anliegergemeinden des Wallendorfer und Raßnitzer Sees hatten gute Gründe, diese von der Gemeinde Schkopau organisierte Veranstaltung zu besuchen:
Sie fühlen sich vom ansteigenden Grundwasser bedroht bzw. sind in Einzelfällen bereits geschädigt.
Das durch die LMBV betriebene Wassermanagement wird nicht akzeptiert. Das überschüssige Wasser des Wallendorfer Sees, der ein wichtiges Regulativ des Grundwassers in der Region ist, kann nicht seinem natürlichen Gefälle in die Luppe folgen, sondern wird seit Jahren mit schwankendem Ergebnis und enormen Kosten abgepumpt.


Elke Kreische-König Foto: i.B.
Hier werden sich dahinschleppende Verfahrensbearbeitungen und kuriose sowie wechselnde Naturschutzauflagen (Bitterling, neuerdings Kammmolch) als Grund angenommen. Der desolate Zustand der Luppe sowie der einmündenden Bäche forcieren das Problem.

Was wir hier erleben, ist kein plötzlich hereinbrechendes Ereignis, sondern die Folge nachvollziehbarer Eingriffe in die Natur, deren im konkreten Fall naheliegende effektive ökologische  wie ökonomische Regulation, immer wieder in Frage gestellt und verschoben wird.

In Vorbereitung der Veranstaltung hatten sachkundige Bürger aus Luppenau einen Fragenkatalog  erarbeitet und der LMBV zugestellt.

Das großzügig dimensionierte Präsidium setzte sich zusammen aus:
Staatssekretärin Anne-Marie Keding und Dr. Sanftenberg, Ministerium für


Frank Bommersbach Foto: I.B.
Landwirtschaft und Umwelt, Elke Kreische-König, Leiterin der AG Wasserbau und Sonderprojekte- LMBV,    Uwe Zippel- Landesamt für Geologie und Bergwesen SB Braunkohlebergbau und Dr. Bodo-Carlo Ehling- AL Geologie u. Pressesprecher, Frau Sabine Faulstich -Sachgebietsleiterin Gewässerschutz, Herr Dirk Alscher -Sachbearbeiter SG Gewässerschutz,  Wolfgang  Schmidt – Leiter Ordnungsamt Gemeinde Schkopau, Hans Joachim Pomian -Ortsbürgermeister Wallendorf und Vorsitzender des Ausschusses für Seen und Tourismus, Andrej Haufe- Ortsbürgermeister Lochau, Vorsitzender des Ausschusses für Ordnung, Feuerwehr und Umweltfragen, Frank Bommersbach -MdL, Patrick Wanzek –MdL.  
 

Anne-Marie Keding Foto: i.B.
Die Staatsekretärin A.-M. Keding führte in die Problematik ein. Sie beschrieb die breitflächige Erfassung der Probleme durch eine Arbeitsgruppe mittels Fragebögen. Die Auswertung soll, Umsetzbarkeit und Finanzierbarkeit vorausgesetzt, in Maßnahmen resultieren. Das Wassermanagement muss naturschutzrechtliche Bedingungen erfüllen. Während die Gewässer 1. Ordnung  sich in der Verantwortung des Landes befinden, unterstehen die Gewässer 2. Ordnung, zu denen Gräben und Vorfluter gehören, den Kommunen, die wiederum Unterhaltungsverbände installiert haben. Zur Bewältigung der  aktuellen Aufgaben wurde ein Förderprogramm für die Kommunen aufgelegt.
 Hier im Tagebaugebiet ist die Situation insofern günstiger, da sich Land  und Bund die Kosten teilen. Die LMBV ist als Projektträger eingesetzt.

Die LMBV hatte mit Frau Elke Kreische-König eine kompetente Repräsentantin im Saal, die mit ihrem souveränen Vortrag nicht nur fachlich das Niveau der Veranstaltung prägte.
Die im Wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren  (PFV) festgelegten mittleren Wasserhöhen betragen 85 m für den Raßnitzer- und 82 m  über NN für den Wallendorfer See. Diese sollen über einen Graben zwischen den Seen und einen regulierbaren Ablauf in die Luppe gewährleistet werden. Dabei ist eine Schwankung  des Wasserspiegels von  +/- 50 cm kalkuliert. Zusammen mit einer Wellenauflaufzone von 5m ergibt sich ein 10 m breiter Gewässerschonstreifen, der für die Unterhaltung des Gewässers vorgesehen ist
Dieses PFV durchläuft folgende Chronologie:

19.11.1993      Bergrechtliche Zulassung des Abschlussbetriebsplanes
12.11.1996      Erste Vorhabensanzeige PFV
1997-2003      Scopingtermine/Festlegungen Untersuchungsrahmen
28.07.2006      Einreichung erster Planantrag
2007-2008      Präzisierung der Planunterlagen unter Berücksichtigung geänderter Vorschriften (Naturschutz, Einbeziehung sächsischer Abschnitt der Luppe)
02.09.2009      Einreichung  2. Planantrag
März-Okt.
2010                Anhörungsverfahren
IV. Quartal
2011                geplanter Erörterungstermin

Das Auffinden des Kammmolches zwingt zu einer Modifizierung des Ablaufes.
Im Bereich der vorgesehenen Trasse müssen vorhandenen Lachen erhalten bzw. neue Lebensräume geschaffen werden, die zwei Jahre vor der Inbetriebnahme vorzuhalten sind!  Im Februar 2012 wird die Entwurfsplanung bei der


Der Plan Foto: I.B. --> Klick zum Vergrößern
Oberen Wasserbehörde eingereicht und voraussichtlich ihrer Genehmigung, kann der Bau 2013 bis 2014 realisiert werden. Eine Ablehnung dieses Planes, zu Gunsten einer permanenten Pumpstation, gilt als äußerst unwahrscheinlich.
Die Ableitung des salzhaltigen Seewassers erfordert die Zumischung von zusätzlichem Luppewasser, weshalb das definitiv geschlossene Kleinliebenauer Wehr für einen Kubikmeter/Sek. geöffnet werden muss. Durch dessen Standort in Sachsen ergeben sich weitere rechtliche Probleme. In diesem Zusammenhang ist keine umfassende Sanierung der Luppe geplant, lediglich eine „ökologische Bauüberwachung“. Der Hinweis aus dem Publikum, dass es in Fließrichtung hinter Wallendorf und Tragarth zu erheblichen Verlandungen mit deutlichen Strömungsbehinderungen, selbst während des Hochwassers Anfang 2011 (Befahrung während der Polderauslassung), gekommen ist, wurde dahingehend bestätigt, dass lokale Flussbettvertiefungen durchaus vorgesehen sind.

Weiterhin widmete sich die Referentin der der Problematik des Grundwasserwiederanstieges und der Methodik zur Minimierung seiner Folgen. Nach Beendigung des Tagebaubetriebes und der damit einhergehenden Beendigung der Grundwasserabsenkung strebt dieses wieder vorbergbauliches Niveau an. Bei der heute bestehenden Bebauung, die diesen Prozess oft nicht berücksichtigt, ergibt  sich überall dort ein Konfliktpotential, wo der Grundwasserflurabstand (Distanz Grundwasser – Bodenoberfläche bei mittlerer Grundwasserneubildung, d.h. Extremsituationen ausgeschlossen) 2m oder weniger beträgt. Für Mitteldeutschland weist die LMBV diesbezüglich eine Fläche von 26500 ha in insgesamt 14 ehemaligen Tagebaugebieten aus, von denen Merseburg-Ost eines ist. Befindet sich das Grundwasser weniger als 50 cm unter dem tiefsten Gebäudepunkt (z.B. Kellerfußboden), geht man von einer potenziellen Gefährdung aus. Von der LMBV getragene Sicherungsmaßnahmen bei Schäden können Flächenlösungen wie Drainagen, aber auch bauliche Einzellösungen wie Kellerabdichtungen oder Verfüllungen sein. Die Finanzierung wird durch das „Verwaltungsabkommen zur Finanzierung der Braunkohlesanierung 2008 bis 2012“ sichergestellt. Alle diesbezüglichen Meldungen werden geprüft und bei Zuständigkeit bearbeitet. Bis zum Mai 2011 gab es aus Horburg, Lochau, Raßnitz, Döllnitz und Ermlitz insgesamt 9 Schadensmeldungen, von denen drei abgelehnt und 6 bearbeitet werden. Die Zahl der Gefährdungen ist ungleich höher.
Ende 2010 wurden vielerorts die höchsten jemals gemessenen Grundwasserstände erreicht bzw. überschritten. Ursache sind seit 4 Jahren auftretende Niederschlagsmengen, die die langjährigen Mittelwerte weit überschreiten, aber auch die geringeren Entnahmemengen durch die Industrie.

Am Beispiel einer Grundwassermesstelle in Burgliebenau wurde gezeigt, dass die Prognosen des verwendeten Hydrogeologischen Modells für mittlere und hohe Grundwasserneubildungsbedingungenen, bis auf eine einmalige Überschreitung von 5 cm zutreffen. Sie bilden daher eine gute Grundlage zur Herleitung der potentiellen Betroffenheiten aus dem Grundwasserwiederanstieg.
 Manfred Lengert aus Löpitz gab einen prägnanten Überblick über seine aktuellen Beobachtungen des Grundwassers, in Abhängigkeit  der Pegelstände von Saale und Wallendofer See. Das Hochwasser der Saale, welches unmittelbaren Einfluss auf den Wasserstand der Luppe hat, beeinflusst den Grundwasserstand. Dieser folgt den Veränderungen mit eintägigem Abstand um die Hälfte des Wertes. Ähnlich verhält es sich mit dem Pegelstand des Wallendorfer Sees. Aufgrund seines enormen Fassungsvermögens erfolgen diese Veränderungen jedoch sehr träge. Der studierte Wasserbauer appellierte eindringlich, die Pufferkapazität des Sees zu nutzen, indem seine Höhe deutlich unterhalb oberer Grenzwerte gehalten wird. So könnte man dem nicht regulierbaren schnellen Saaleeinfluss eine Reserve entgegen  halten.
Die LMBV strebt ein Auspumpen und späteres Ableiten im freien Gefälle unterhalb der oberen Toleranz an, könne dies  jedoch durch das Wirken klimatischer Faktoren nicht garantieren. Bei Elsterhochwasser ergeben sich Situationen, in denen nicht abgepumpt werden kann (Anfrage nach Veranstaltungsende).
Die Pumpen bewältigen maximal 20 Kubikmeter/Minute. Eine Frage nach den Kosten blieb für den Moment unbeantwortet. Die Seen wurden zwar am Reißbrett geplant, sind mittlerweile Bestandteil der Natur, so dass die Schwankungen hingenommen werden müssen.

Die Einleitung  von Pumpwasser aus der Kiesgrube der Fa. Papenburg entspricht den Verträgen, bestätigten die Vertreter des Landesamtes für Geologie und Bergwesen.  Fixierte Höchstwerte werden quantitativ und qualitativ unterschritten. Die Probeentnahme und Auswertung erfolgt durch ein unabhängiges Labor. Überhaupt wird das Problem überschätzt, weil Grube und See miteinander kommunizieren und perspektivisch ohnehin verbunden werden sollen.

Der Landtagsabgeordnete Bommersbach verwies  auf die gegebene Rechtslage, die bestimmte Abläufe verbindlich vorschreibt. Damit wird keine Aussage getroffen, ob wir die Situation als günstig empfinden oder nicht. Bei vielen Bauvorhaben, die in die Natur eingreifen, gibt es Verzögerungen und Hindernisse, die einem bestimmten Muster folgen, ob Molch oder Fledermaus.
 Die Aussage der Staatssekretärin Keding, dass wir uns doch alle Artenvielfalt wünschen würden, nahm das diesbezüglich gequälte Publikum freundlich-emotionslos auf.

 

Bevor es zu einer Diskussion um die Gewässer zweiter Ordnung kam, verließen einige Bürger aus Tragarth, wegen empfundener Hoffnungslosigkeit, den Saal. Aus ihrer Sicht verständlich, verwies doch ein mitgeführter Kalender hinsichtlich einer „Flurbegehung - Gräben“ auf das Jahr 2004. Die sumpfige Baumlandschaft, anstelle des vormaligen Dorfteiches, wird nicht nur als Schandfleck, sondern auch als beredtes Zeichen behördlicher Vernachlässigung empfunden. Leider haben sie auf ihren Diskussionsbeitrag verzichtet und wohl auch nicht bemerkt, dass der Zustand um ihren Ort Schwerpunkt der begleitenden Fotoausstellung war.
Der Abgeordnete Bommersbach führte aus, dass die Unterhaltungsverbände mit ihrer gegenwärtigen Struktur den Aufgaben nicht gerecht werden können. Bei gegebener Stärke der Einheitsgemeinden wäre eine Neustrukturierung unter deren Obhut eine erstrebenswerte Option.
Aber auch das braucht seine Ordnung und seine Zeit.

 

Ein hochkarätig besetztes  Präsidium hat sich den Problemen gestellt. Viele Ortsbürgermeister und sachkundige Bürger waren anwesend. Wenige kamen zu Wort. Gute Vorbereitung, die Übereinstimmung des Themas mit den Erwartungen des Publikums, die Kompetenz der meisten Fragen und Antworten charakterisierten die erfolgreiche Veranstaltung. Bei den Organisatoren und Beteiligten bedanken wir uns für ihre Leistung, insbesondere, Herrn W.Schmidt  für die Versammlungsleitung,
ganz besonders jedoch bei Frau Kreische-König, die herausarbeiten konnte, dass  zwischen den Interessen der Gemeinde und der LMBV grundsätzlich Konsens besteht.
Zufrieden kann man dennoch nicht sein, weil bis zur Realisierung der Ziele noch viele Jahre verstreichen werden. Es ist anzunehmen, dass die anwesenden Politiker gespürt haben, dass die Menschen der Region, ihre Wähler, angesichts der bestehenden Probleme und der naheliegenden Lösung, für „Zeitschienen“, Verschwendung öffentlicher Mittel, aber auch vordergründigen Naturschutz mit vermutlich negativer Gesamtbilanz, kein Verständnis mehr haben.

Manfred Lengert hat mir die Grundwasserschwankungen als Funktion der Pegelstände von See und Flüssen noch einmal plausibel gemacht. Auch im Namen anderer sachkundiger Bürger erklärt er die Bereitschaft, das vorhandene Fachwissen im Ausschuss für Seen und Tourismus einzubringen.
Ich habe diesen Artikel der LMBV vorgelegt, ihre Korrekturen eingearbeitet und im Falle inhaltlicher Relevanz kursiv geschrieben. Damit distanziere ich mich vom Artikel Tilo Krippendorfs in der MZ vom 23.September, der die Veranstaltung unsachlich und mit inhaltlichen Fehlern wiedergegeben hat.
 
Ilja Bakkal

 

Ilja Bakkal